Studien in der kroatischen Sonne

Die beiden Busfahrer Branko und Daniel empfingen die 29 Teilnehmer an der Studienfahrt aus der Kursstufe 1 freundlich lächelnd am So. 12.7. Eine viertel Stunde später begannen wir unter dem Winken der Eltern unsere lange Nachtfahrt. Erst in Kroatien erwachten wir mit den ersten Strahlen der Sonne, die sich rotgolden über dem Meer ergossen.

In unseren Apartments zogen wir uns sofort um, um an den Strand zu ziehen. Da die nördliche Adria aufgrund der Eiszeiten noch sehr jung ist, wurden die Kalkfelsen noch nicht zu einem feinen Sandstrand zerrieben. Umso besser für die Seeigel, Krabben, Muscheln und Schnecken, die sich zwischen den Klüften tummelten. Brassen aller Altersstufen schwammen in kleinen Schwärmen durchs Wasser und Grundeln versteckten sich in mit Sand gefüllten Senken am Meeresboden. Seeigel versuchten sich mit einer Muschel oder einem Stein zu tarnen, die sie in ihrer Stachelpracht steckten. Einige trugen Hummerscheren wie Haarspangen in ihrer Frisur und andere schmückten sich mit Skelettteilen ihrer Artgenossen.

Auf der Fahrt nach Pula führte uns Marina und Verena mit einem Referat in die maritime Biologie der Adria ein. Das Aquarium Pula war in einer Festung untergebracht, die einst die Österreicher zur Sicherung ihres Großreiches mit Ungarn errichtet hatten. Dort teilten wir uns in drei Gruppen ein. Diese Gruppen fuhren im Kutter, schnorchelten und besuchten das Aquarium. Das Aquarium zeigte farbenprächtige Seeanemonen, Garnelen und Fische. Ein Oktopus und ein Schildkröte mit drei Flossen in der Auffangstation waren die Highlights. Mit dem Kutter schaukelten wir zwischen kleinen bewaldeten Inseln bis wir an das Fischernetz gelangten, das der Meeresbiologe mit Hilfe einer motorisierten Netztrommel aus der Tiefe des Meeres heraufholte. Einsiedlerkrebse linsten aus ihren mit Seeanemonen bepflanzten Schneckenhäusern hervor, handtellergroße Meerspinnen drohten wehrhaft mit ihren Scheren und Drachenfische spreizten ihre giftigen Stacheln. Beim Schnorcheln tauchte der Meeresbiologe immer wieder in die Tiefe und brachte uns Seegurken, Seeigel und Muscheln hoch, die wir dann reihum in der Hand halten durften, um sie aus nächster Nähe zu beobachten.

An den Hämatomen, die den ganzen Körper der Katzenhaie bedeckten, konnten wir erkennen, dass sie qualvoll unter den Schwanzschlägen der anderen Fische in einem Schleppnetz gestorben sind. Eigentlich hätten die Haikadaver mit 50% des Fanges als Beifang im Meer entsorgt werden sollen, der weder zum direkten Verkauf noch als Fischmehl in Kraftfutter für Schweinen und Geflügel dienen kann. Das Aquarium Pula war gerade an diesen Haien interessiert. Mit Skalpellen öffneten wir die Haut, die rau wie Sandpapier und zäh wie Leder war. Nüchtern erklärte uns die englisch sprechende Studentin jedes Organ, das die Schüler in Partnerarbeit aus dem Hai lösten. Ein vollständig entwickeltes Ei und ein Tintenfisch im Magen eines Haies fanden genauso Anklang wie das Öffnen der Augenkammer und das Freilegen des Gehirns.

In Pula stellte uns die Stadtführerin zunächst das Amphitheater vor, das das dritt größte weltweit ist. Sie erzählte, dass die kroatischen Nomaden in der Vorzeit sich nicht vorstellen konnten, dass dieses Gebäude für 22000 Besucher von Menschen errichtet worden war und schrieben den Bau Elfen zu. In der Neuzeit wurden die meisten Steine zum Bau der Stadt verwendet, so dass zum Beispiel in der nahe gelegenen Kirche Quader mit den Sitznummern der Tribüne gefunden worden sind. Doch wurde zum Glück der Außenring erhalten. Als die Venezianer Herrscher in Pula waren, konnte der Bürgermeister den Abtransport des Außenrings zum Wiederaufbau in Venedig gerade noch verhindern. Im Tito-Park warfen Georg und Lucas bei ihrem Referat über Tito, der 35 Jahre Jugoslawien beherrschte, die Frage auf, wieso noch immer Parks nach ihm benannt sind. Hierzu erklärte die Stadtführerin, dass Tito zwar 100.000 Menschen zu Unrecht verhaften ließ, gab aber zu bedenken, dass er sehr viel führ die Region um Pula getan hatte, indem er die Region zum Beispiel von Mussolini befreit hatte.

Als Belohnung gönnten wir uns die Besichtigung der Altstadt von Rovinj, die aus der venezianischen Zeit stammt, mit ihren verwinkelten engen Gässchen, die auf eine Anhöhe führten. Von dort blickten wir fast rundherum auf das tiefblaue Meer.

Von Porec mit der Euphrasius-Basilika die UNESCO Weltkulturerbe ist, starteten wir mit der „Manon“ in See. Das Schiff brachte uns in den Limskifjord, der einst aus einer gigantischen Höhle im Karstgestein entstanden war, als die Decke einbrach. Erst später stieg das Meer und füllte den Gang mit Salzwasser. Diesen Umstand machten wir uns mit einer Badepause zu Eigen.

In Slowenien unterbrachen wir unsere Rückreise an der Skocjan Höhle. Beeindruckend sind die über 250.000 Jahre alten Tropfsteine und die Sinterbecken, die sich stufenweise von der Höhlendecke bis zum Boden erstrecken. Der unterirdische Fluss Rejika hat hier in der Höhle gigantische Hallen geschaffen, in denen das Ulmer Münster Platz hätte, ohne dass seine Kirchturmspitze nur im geringsten an der Decke schrammen könnte. Kein Wunder, dass diese spektakuläre Höhle von der UNESCO zum Welterbe erklärt worden ist. Als wir die Brücke über die tiefe Schlucht in mitten der Höhle überschritten, war klar dass wir hier im Herzen von Moria bei Kazadum angelangt waren. Zum Glück versperrte kein Balrog unseren Weiterweg. Schon ging unter den Schülern die Diskussion los, ob Orks – jene üblen Geschöpfe aus der Mythologie des „Herrn der Ringe“ – hinter dem nächsten Tropfstein mit gezücktem Krummsäbel uns auflauerten. Keine dieser Kreaturen überfielen uns, und so konnten wir die Höhle gemeinsam mit der Rejika verlassen. Ein steiler Hang mit fast 200 Höhenmetern trennte uns noch durch eine Kletterpartie von unserem Bus und von unserer Rückkehr.

A. Nothardt und C. Blangero