Brünn Impressionen

Die Musik erweckt ein Gefühl von Nostalgie und Traurigkeit, die durch die Klänge der Gitarre und der Geige geführt werden. Viele Menschen sprechen neben mir durcheinander und nehmen die schöne Musik auf. Der Wind bringt die Ukrainische und europäische Flagge zum Tanzen. Die Musik stoppt und alle klatschen und applaudieren die zwei Musiker. Jeder bringt seine persönlichen Gespräche zum Ende und alle hören aufmerksam den Organisatoren des Marsches zu. Der Bürgermeister heißt uns alle willkommen und bedankt sich, dass so viele aufgetaucht sind. Verschiedene Personen halten eine Rede und bedanken sich mehrmals, dass wir bei dem Marsch mitmachen. Es ist ihnen wichtig, dass sich auch die neue Generation (wir) mit der Vergangenheit auseinandersetzt, weil wir gemeinsam diese Vergangenheit überwinden möchten. Es ist wichtig, dass wir mit diesem Marsch zeigen, dass wir über die Ereignisse der Vergangenheit hinweg sind, aber uns immer daran erinnern müssen, damit sowas nicht wieder passiert.

Nach diesen Reden geht es los, wir gehen gemeinsam Deutsche und Tschechen den Weg des sogenannten Todesmarschs. Diesen Weg gehen wir aber rückwärts, damit klar wird, dass die Deutschsprachigen symbolisch wieder zurück in die gemeinsame Stadt kehren. Wir gehen den Weg, nachdem wir gefrühstückt, ausreichend Wasser und Essen in unseren Taschen parat haben. Wir haben Schuhe und Kleidung, die uns das Laufen vereinfachen. Wir erlauben uns kleine Pausen zu nehmen um uns auszuruhen. All diese Vorteile hatten die Menschen beim Todesmarsch nicht. Sie hatten Hunger, Durst und waren erschöpft. Es wurde Ihnen nicht erlaubt Pausen zu machen und sich kurz zu erholen, machten sie dies, wurden sie erschossen oder bedroht. Aber vor allem hatten sie Angst, Angst in ein fremdes Land zu gehen, wo sie niemanden kannten. Ihre Freunde, Bekannte und Leben in Tschechien zu lassen, und zurück in ,,ihr’‘ Land zu kehren, weil ihr Großvater zum Beispiel Deutscher war. Ich stelle mich in diese Situation vor, würde sowas in der heutigen Zeit passieren, müsste ich mein Heimatland verlassen, meine Freunde und mein Leben, um in das Land zurückzukehren, wo meine Vorfahren gelebt haben. Wir laufen beinahe 2 Stunden und die Müdigkeit trifft mich schon, obwohl ich nur beinahe 5-7 Kilometer zurückgelegt habe.

Ein Bus fährt an uns vorbei und wir freuen uns, weil wir uns endlich hinsetzen und uns ausruhen können. Wir sind erleichtert, dass wir die 30 Kilometer nicht gehen mussten. Im Bus angekommen, bin ich erleichtert mich ausruhen zu können, aber denke nach wie sich diese Menschen gefühlt haben, ich hatte ausreichend Essen und Trinken und war schon nach zwei Stunden müde. Wie die sich wohl gefühlt haben. Ein Gefühl von Schuld wächst in mir auf, obwohl ich nicht in dieser Zeit geboren bin, fühle ich mich schuldig, vielleicht weil ich mich nicht ganz in ihre Situation hineinversetzen kann. Wir fahren los und die Busfahrt ist lang, sehr lang sogar, all das obwohl der Busfahrer mit 70 km/h fährt und ich gemütlich sitze. Die Landschaften gehen schnell an das Fenster vorbei und ich stelle mir diese Menschenmasse vor, die diesen Weg vor knapp 50 Jahren zurückgelegt haben. Wir versammelten uns am Ende des Tages wieder, und die Menschen, die die ganzen 30 km hinterlegt haben, kommen mit der Trompetenmusik an. Alle sind glücklich, aber wirklich müde und mit dem gemeinsamen Essen versammeln wir uns alle um Tische.

Am nächsten Tag ging es schon los zur Fabrik. Ein Bus holte uns ab und wir wurden zu den Ruinen gebracht. Wir wurden herzlich begrüßt und ich beobachte die jungen Menschen um mich herum, neue Gesichter und Gesichter, die ich im Hotel kurz begegnet bin. Alle stehen in einer Linie und warten, um ihr Programm und Plastikglas zu erhalten. Und dann ging es rein. Als Erstes fiel mir auf, dass der Rest der Fabrik von einer großen Leinwand getrennt wurde. Spinnennetze überall, Rost und Orte, wo die damalige Farbe aufgetragen wurde, Stück für Stück zerfällt.

Uns wird der Ablauf des Tages erklärt, wir sollen uns erstmal ein paar Videos anschauen, die erklären, was für ein Ort das hier früher war, als Input, damit wir uns sicherer fühlen bei der Entwicklung unserer Projekte. Dann geht es zur Arbeit. Wir machen anfangs eine Mindmap, die uns hilft uns eine konkrete Idee zu haben, was wir als junge Generation in einem Historischen Museum sehen und wie wir verschiedene Themen für alle, sei es alt oder jung accessible gestalten wollen. Ideen wie: Die Kinder von damals, oder Theaterstücke, die die Situation der Arbeiter, wie zum Beispiel: ein typischer Tag als Arbeiter, darstellen wird.

Nachdem wir als Deutschland- Gruppe uns miteinander unterhalten haben und uns damit auseinandergesetzt haben, was für Ideen wir vor dem Publikum vorstellen wollen, kam der Austausch mit Österreich. Wir erklärten unsere Ideen und hörten aufmerksam auf die Ideen des anderen Landes. Dann ging es auf die Bühne, wir stellten vor dem Publikum die Ergebnisse unsere Arbeit vor. Natürlich gab es zwischen den Arbeitszeiten immer wieder Pausen, wo man sich die Ruinen anschauen konnte. Ich entschied mich also, die verschiedenen Räume zu erkundigen. Es lagen viele relativ neue Sachen von den Achtzigern auf dem Boden. Sei es Einträge von den Menschen und den Uhrzeiten, an welchen sie gearbeitet haben oder die noch unbenutzten Waren die noch in ihrer Packung liegen. Es war erstaunlich zu sehen, wie sehr die Natur ihre Rechte wieder aufgegriffen hat.

Ich traf einen Mann während meiner Entdeckungsphase, der mir erzählte, dass die Fabrik vor kurzem gekauft wurde und dass der alte Besitzer der Fabrik sich nicht die Mühe gemacht hat, seine vielen Sachen zu entsorgen. Da war mir klar, dass es eine Weile dauern würde, bis man diesen Platz als Museum benutzen konnte. Aber es machte mich froh den vorherigen Zustand des Museums gesehen zu haben und später, wenn alles aufgebaut wurde und unsere Ideen umgesetzt wurden, es nochmal anzusehen.

Diese Reise hat mir viele neue Sachen beigebracht, ich konnte mich mit vielen Menschen aus verschiedenen Ländern austauschen und wir durften unsere Ideen teilen. Ich hatte das Gefühl, dass man uns wirklich wertgeschätzt hat und unsere Ideen wirklich angehört hat. Es würde mich freuen, würden wir in Zukunft die Chance unsere Ideen zu konkretisieren und auszuarbeiten, um das beste Museum für alle Generationen zu erschaffen und damit man Spaß am Lernen hat.

 Marianne Fédacou