Sara stellte sich vor: „Ich bin Motte, ich habe etwas geraucht.“ Darauf das Publikum: „Hallo Motte, das ist okay, Motte!“ – So bezogen uns die Schauspieler*innen gleich zu Beginn in ihr Stück mit ein. Dabei wurde Faust in wechselnden Rollen von einer Therapiegruppe gespielt. Der rote Boxhandschuh zeigte jeweils, wer Faust verkörperte, der Blumenhaarkranz stand für Gretchen, und der Dreizack – richtig geraten – symbolisierte Mephisto.
Natürlich rissen sich die Jugendlichen in der Gruppe nicht darum, die Rollen zu übernehmen, doch noch weniger wollten sie, dass andere spielten. Jede*r hackte auf den Fehlern der anderen herum oder mobbte sie. Manche Kabbelei endete jedoch auch in Zuneigung oder sogar Liebe. Besonders spannend war die große Diversität der Charaktere und die Vielzahl an angesprochenen Themen.So wurde beispielsweise die berühmte Gretchenfrage abgewandelt zur Frage, ob der sterbende Valentin seine Schwester Gretchen als „Hure“ bezeichnen dürfe. Der Klimakleber Robin (Frieda) merkte an, dass auch der Begriff „Sexarbeiterin“ bitte gegendert werden müsse. Die Esoterikerin Esmeralda (Anaïs) recherchierte umgehend, wie sie den Schlaftrunk selbst herstellen könnte – etwas, das Emily (Charlotte) sofort lernen wollte. Die Sozialarbeiterin Franka (Sophie) trieb alle immer wieder zum Spielen an, verschwand jedoch regelmäßig zum Rauchen und wurde am Ende gar als Dealerin enttarnt und ihr Koks in den Wind geblasen.
Natürlich wurden nur ausgewählte Szenen des Klassikers gespielt – diese jedoch wunderbar in unsere Zeit übersetzt. Ein gelungener Appetitanreger, um in den Sommerferien vielleicht selbst zum Buch zu greifen und die ein oder andere Bildungslücke zu schließen. Denn wir wollen ja nicht beim Pakt mit dem Teufel stehen bleiben – bei jenem Schlaftrunk für Marthe (Gretchens Mutter), damit sich Heinrich (Faust) heimlich ins Schlafgemach der 14-Jährigen Gretchen schleichen kann – und auch nicht bei der Hexe, die Mephisto nicht erkennt, weil er seinen Pferdefuß versteckt.Im Hintergrund agierten die übrigen Mitglieder der Gruppe, indem sie schmollten, sich echauffierten oder im Fensterrahmen saßen und rauchten – und so ein Bühnenbild mit lebendigen Requisiten schufen.
Es war beeindruckend, wie lebendig die Schüler*innen spielten und dabei fließend zwischen ihren Rollen als Jugendliche in der Gruppe und als Figuren auf der Bühne wechselten. Ralph Maier hat das Stück – inspiriert von Play Faust und The Breakfast Club – den Schüler*innen auf den Leib geschrieben. Ihm ist es als Regisseur erneut gelungen, seine Schauspieler*innen auf mehreren Ebenen agieren zu.
Text und Bilder: Axel Nothardt


























